Gechinger Wasserwirtschaft

 Brunnen und Quellen

 Wasserversorgung

 Abwasser und Kläranlage

 Regenüberlaufbecken

 Wiesenwässerung und Irm

Vorwort

 Allgemeines über die Wasserversorgung in früheren Zeiten

 Wasser ist Leben! Nur dort wo es ausreichend zur Verfügung steht, siedelt sich der Mensch an um sich, seine Tiere und seine Pflanzen zu versorgen.

In den ersten Städten wie Rom wurden große Anstrengungen unternommen, um das lebens-wichtige Nass herbeizuschaffen. Um die Zeitenwende versorgte ein Leitungsnetz von rund 500 Kilometer die Stadt am Tiber. Gewaltige Äquadukte, die zum Teil heute noch zu sehen sind, leiteten das Wasser über weite Entfernungen in die Stadt, wo Brunnen und Thermen damit gespeist wurden.

Mit dem Untergang des römischen Imperiums endete auch die Zeit der geregelten Wasser-versorgung. Man holte das Wasser wieder am Bach, vom Fluss oder vom Brunnen. Einige Brunnen wurden, wie auch bei uns, durch hölzerne Teuchelleitungen gespeist. Tiefbrunnen zapften das Grundwasser an, viele auf eigenem Grund und Boden. Dabei war naturgemäß die Wasserqualität nicht immer die Beste.

Der gestiegene Wasserverbrauch, hervor gerufen durch Bevölkerungszuwachs und Industrialisierung, machte es notwendig die Wasserversorgung auf eine neue Grundlage zu stellen.

 Im Jahr 1906, also vor 100 Jahren wurde in Gechingen die Wasserleitung verlegt. Aus diesem Grund soll hier die Geschichte der Wasserversorgung von den Brunnen und Quellen bis zur Einrichtung der Wasserleitung aufgezeigt werden. Gleichzeitig wird über die Abwasserbeseitigung, die Kläranlage sowie über die Irm, die Wiesenwässerung und den Mühlkanal berichtet.

 Für die heutige Generation ist der jetzige Zustand der Wasser- und Abwasserversorgung selbstverständlich. Diese Dokumentation soll einen Rückblick auf die Entwicklung in den vergangenen hundert Jahren geben. Dem interessierten Leser wünsche ich viel Freude bei der Lektüre!

2006 Fritz Roller

Wasserversorgung durch Brunnen

Auflistung der vorhandenen Brunnen um das Jahr 1880

1. Bernbrunnen: bei der Scheuerquelle im Hof der Familie Rüffle

2. Rohrbrunnen: Ecke Dachteler Straße/Furthstraße

3. Fleckenbrunnen: Hauptstraße vor der jetzigen Bäckerei Nagel

4. Marienlindenbrunnen: Ecke Kreuz -u. Gartenstraße

5. Friedhofbrunnen: Auf dem Friedhof

6. Pumpbrunnen vor dem Friedhof: Parkplatz beim Friedhof

7. Schafgassbrunnen: vor Gebäude Kühnle/Lang

8. Calwer Weg-Brunnen: Calwer Straße, vor Haus Gehring

9. Hengstetter Straße-Brunnen: gegenüber Haus Wuchter/Gemeinde

10. Angelbrunnen: Angelstraße bei der Linde

11. Dachtler Straße-Brunnen: Im Hof der Familie Gräber

12. Deufringer Straße-Brunnen I: Kreuzstraße vor Haus Breitling/Neubau

13. Gässlesbrunnen: vor ehemaligem Haus Quinzler

14. Gaisbügelbrunnen: Kirchstraße vor Haus Marquardt

15. Hauptstraße-Brunnen: im Hof des Gasthauses "Rössle"

16. Oberer Brunnen: Calwer Straße bei Scheuer Esslinger

17. Rathausbrunnen: beim alten Rathaus

18. Außenimdorfbrunnen: Dorfäckerstraße bei ehemaligem Haus Zech

19. Deufringer Straße-Brunnen II: Mühlweg bei Haus Kühnle

20. Appeleshofbrunnen: im Hof zwischen Kirch -u. Calwer Straße

21. Kapellenbergbrunnen oder Calwer Straße-Brunnen: Oberhalb

      Gasthaus "Krone"

22. Galgenbrunnen: Uhlandstraße

23. Heinrichsbrunnen: Ecke Calwer -u. Dorfäckerstraße

Vor dem Bau der Wasserleitung gab es in unserem Ort etwa 76 Pump- oder Ziehbrunnen. Der tiefste Brunnen am oberen Angel soll über 30 m tief gewesen sein. Dass es bei der Benutzung dieser Brunnen zu Problemen kam, zeigt u. a. folgendes Protokoll vom 26. September 1887:

"Die Besitzer des Schafgassbrunnens haben Streitigkeiten unter sich in Beziehung auf ihre Anteile an dem Brunnen und haben die Bezahlung einer Rechnung des Glasers Gehring im Betrag von 9,20 Mark verweigert, um endlich die Eigentumsverhältnisse des Brunnens zu regeln. Nach den öffentlichen Büchern (Güterbüchern) haben sie unbestrittene Anteile wie folgt:

1. Die Gemeinde 1/12, erworben von dem verstorbenen Georg Böttinger,

2. Georg Schautt, Witwe , 1/12,

3. Karl Schaible, Schäfer, 1/12,

4. Johann Georg Eisenhardt, Witwe, 1/12,

5. Ludwig Gräber, Bäcker, 1/12 (von Wildbret erworben),

6. Ludwig Gräber, den Anteil seines alten Hauses mit 1/12,

7. Johannes Breitling, Bauer, 1/12,

8. Friedrich Böttinger, Gemeinderat, 1/12,

9. Jakob  Süßer, Witwe, 1/12,

10.Wilhelm Kühnle, Bauer, 1/12.

Diese Besitzer haben bisher gegen einen Wasserzins von 1,14 Mark folgende Personen Wasser holen lassen:

1. Adam Schaible

2. Ferdinand Gehring

3. Georg Schmid

4. August Köber

5. Friedrich Breitling jun.

6. Georg Köber.

Diese sollen auch fernerhin Wasser holen dürfen, wogegen der Vertreter der Gemeinde, Schultheiß Ziegler, sich verwahrt in Bezug auf Ferdinand Gehring und Georg Schmid, da diesen ein eigener Brunnen zu Gebot gestanden und sie dieses Anrecht vergeben haben.

Schließlich wird festgesetzt:

1. Dass diese künftig 1,20 Mark pro Jahr bezahlen sollen.

2. Dass Ferdinand Gehring und Georg Schmid bloß solange Wasser aus dem Brunnen holen dürfen, als kein Wassermangel eintritt.

3. Als Vertreter der Brunnengemeinschaft und zugleich als Kassierer wird Friedrich Böttinger sen. gewählt.

4. Es wird beschlossen, dass eine steinerne Umfassung des Brunnens hergestellt wird und dass bei fernerem Bedarf an der Bedeckung die Gemeinde, wie bei allen Brunnen, Bretter unentgeltlich abzugeben habe. Die letzte Rechnung für den Diel mit 8 Mark soll auf die Gemeinde übernommen werden, womit der Gemeinderat einverstanden ist.

5. Der Brunnenzins ist je auf 30. Dezember 1887 erstmals zahlbar.“

(Unterschriften der Obengenannten)

Heutige Brunnen

Fleckenparkplatz

Appeleshof

Metzgergasse 

Friedhof

Wasserversorgung durch Quellen

In Gechingen waren folgende Quellen vorhanden:

1. Kellerquelle oder Hausbrunnen,  Haus Böttinger, Brunnenstraße

2. Ipserquelle, Haus Wagner, Gartenstraße

3. Scheurenquelle, Scheuer Böttinger, Brunnenstraße

4. Weiherbrunnen, Mühlquelle, (verkauft an die Gemeinde Aidlingen)

5. Hummel- oder Hundsbrunnen, an der Straße zur Mühle

6. Klingelbrunnen im Brühl

7. Wehrbrunnen

8. Stöckbrunnenquelle im oberen Tal

Planung und Ausführung der Wasserversorgung

Durch den manchmal auftretenden niedrigen Wasserstand der Brunnen sah sich der Gemeinderat 1904 veranlasst, die Quellschüttungen im oberen und unteren Tal messen zu lassen. Im Jahr 1905 wurde ein Gutachten angefordert, welches die Zuleitung des Wassers der Quellen vom oberen Tal ohne Pumpwerk prüfen sollte.

Im Protokoll vom 20. Mai 1905 heißt es:

"Infolge Beschlusses vom 17. Februar des Jahres hat am 5. des Monats eine Besichtigung der für eine neue Wasserversorgung ins Auge gefassten Quellen im oberen Tal durch einen Beamten des Königlichen Bauamtes für das öffentliche Wasserversorgungswesen in Stuttgart, stattgefunden. Das Ergebnis ist in einem schriftlichen Gutachten niedergelegt, welches zur Verlesung kommt. Hiernach ist eine zweckmäßige Wasserversorgung ohne allzu große Opfer ausführbar. Die Quellenmessung ergab als Zufluss der Quelle 1 (obere Quelle) 2 l/sec, der Quelle 2 (untere Quelle) 1,5 l/sec, insgesamt also 3,5 Liter pro Sekunde. Während einer Zugrundelegung eines Wasserbedarfs pro Kopf und Tag von 80 Liter eine Quellenergiebigkeit von 1,1 Sekundenliter für Gechingen genügt. Bei der am 19. Dezember vorigen Jahres nach vorausgegangener abnormer Trockenheit durch Wasserbautechniker Kleinbub aus Calw vorgenommenen Quellenmessung lieferte Quelle 1 1,0 l/sec, Quelle 2 dagegen, welche ca. 120 m talabwärts ist und 1,5 m tiefer liegt, 0,9 l/sec, zusammen also 1,9 Liter pro Sekunde oder täglich 164.160 Liter, so dass bei 1.088 Einwohnern auf jeden Kopf in 24 Stunden rund 150 Liter entfallen, während wie schon oben bemerkt, ein Wasserbedarf von 80 Litern = 1,1 l/sec, genügen würde. Von dem Techniker des Königlichen Bauamtes für das Wasserversorgungswesen wurde weiter festgestellt, dass der Ursprung der unteren Quelle ca. 8 m über der Straßenfläche des höchstgelegenen Ortsteiles liegt, während für den weitaus größten Teil des Orts durch die Quellenzuleitung ein natürlicher Druck von 20 - 25 Meter sich erzielen ließe. Die Erstellung eines Pumpwerks kommt hierdurch nicht in Frage. Die Notwendigkeit einer Wasserversorgung wird von beiden Collegien anerkannt.

Die Gesamtkosten des Unternehmens werden nach einer Schätzung seitens des Technikers auf ca. 45.000 Mark zu stehen kommen.

Nach eingehender Besprechung wurde abgestimmt mit dem Ergebnis, dass der Gemeinderat mit 8 Stimmen einstimmig für den Bau einer Wasserleitung war, während sich der Bürgerausschuss mit 4 : 1 Stimmen gegen das Unternehmen aussprach.

Beschluss:

1. Schnellstens ein vollständiges Wasserversorgungsprojekt auf Gemeindekosten auszuarbeiten.

2. Herrn Oberbaurat Ehmann, Stuttgart die Oberleitung zu übertragen.

3. Die Grundstücke mit den darauf entspringenden Quellen im oberen Tal zu  erwerben."

Am 20. Januar 1906 wurden dann die Bauarbeiten ausgeschrieben und am 4. März 1906 erfolgte der erste Spatenstich. Schon Anfang Juni 1906 konnten alle Gebäude in Gechingen mit fließendem Wasser versorgt werden, welches durch natürliches Gefälle aus den Quellen hergeleitet wurde und auch die höher liegenden Gebäude erreichte.  

In einem 2.500 l fassenden Reservoir, welches heute noch besteht, wurde das Wasser gesammelt.

Die Bevölkerung war begeistert von dieser Neuerung, die viel Arbeit ersparte und feierte unter Leitung der Feuerwehr ein Wasserfest. Der damalige Dorfdichter Johannes Böttinger schrieb folgendes Gedicht zur Erinnerung an den Wasserleitungsbau in Gechingen:

Michel :

Wurd des an Durchenander gea,

wenn miar itz a Wasserleitung kriaget.

Dui Sauerei will i au säe,

wenn sie itz no die Gräbe zieget

em ganze Flecke, kreuz und quer,

da hebt sich uff äller Verkehr.

Em Rausch därf mär au nemme hoamkomma,

suscht leit mer ball em Graba donna!

Frieder:

Des wär's ärgst net bei dera Sach;

a des wött i jetzt gar net deka!

I moa halt blos, dui Quell sei z'schwach,

glaub'sch, daß für so an graosse Flecka

des Wässerle gar nimols streckt.

Ganz z'schweigat, daß em Vieh net geschmeckt.

Ob's nufftreibt, wurd au neamer wissa;

des Geld, sag i, des isch nausg'schmissa.

Du wurst mer do au Beifall gea,

mit Reacht, moan i, därf mer so saga.

Deg no a mi, du wirschs ball sea,

dass mir en osre alte Dage Komoschada no zahle müesst;

denn wenn sein Kassaschrank uffschließt

der Bürgermoaster, isch nix drenna,

der dürft's graoß Los gau ball jetzt gwenna!

Michel:

Jo, do hoscht desmol reacht, bei Gott.

Do hoscht da reachte Ausdruck g'fonna;

jo, ischt bei os denn Wassernaot!

Em Flecka hot's doch so viel Bronna,

so aber isch der Zug der Zeit:

Bequem wöllts eaba wirklich d'Leit,

se wöllt blos no da Hahna dreha,

vo selber sott ball älles geha!

Jo, z'faul sen eaba wirklich d'Leit,

zom Wasserhola a de Bronna,

der mit de Leaderhosa schreit;

zwar, s'Pulver hätt dear net erfonna:

"D'Gmeind ist voll ganz ruiniert.

"On wenn au do romgraba

 wurd a seim Haus, on s' dät no eifalle,

 wear durt ehm no den Schada zahle?

Frieder:

A 'Gspass wärs au, wenns Wasserwerk

dät nocher gar net fonktsioniera,

wenn se's uff em Käppelesberg

on uff em Angel dean probiera

on do no gar koa Wasser käm.

Denn wenn dui Höhe i anehm

on dua na s'Täle uffegucka,

trau i no halba, do wird's spucka.

I laß da Hahna offe stau!

Wüßt net, für was mern soll zumache,

dass's Wasser soll da Berg nuffgau

vo selber, des sen doch so Sache;

so lang i's net sieh, glaub i's net.

Wenn i's net schau versproche hätt,

ließt i's, mei six, gar net eirichte;

wie's goht, will i dir no ball berichte!

Michel:

Ei, gute Dag! Wie sieht's jetzt aus?

I moa, s' Wasser sei doch nuffkomma,

denn was passiert isch en deim Haus

hau'n i jo gestern schau vernomma,

weil Neptuns Säga sich ergoss,

durch Decke ra, zom Haus na floss,

daß er em Bett beinoh wär g'schwomma,

wenn dui G'schicht wär bei Nacht furkomma!

Frieder :

Naar, des isch desmal a G'spass gwea,

lean overhofft dia's Wassers laufa!

I hau mi net dazu verseha,

s ganz Haus hätt könna do versaufa;

denn bis de Hahna i zumach,

stoht in der Kuche der schönscht Bach.

Moa, i hau müessa anders gucka,

dass des Wasser soll so reidrucka.

On net blos mir isch des passiert.

Letzhe häb uff em Angel drüba

a Weib bei Nacht viel Durst verspürt,

den Hahna hot se wohl ufftrieba

on brengt a eabe nemma zue,

se schreit on lärmt; aus seiner Ruh

muß se dean arma Ma no brenga,

em Hemed dean äll zwoa romsprenga.

Die Herra hän doch ebbes gwisst!

Des Werk duert trefflich fonktioniera,

on wenns au jetzt g'schwen teuer isch,

möcht's net om viel i mai verliera,

weil Wasser grad gnueg mir jetzt hen,

jetzt nemmt des Gläuf amol a End.

Des mir die Johr reihen hau müesse!

Moascht, des dät oan net au verdrießa.

Deshalb möcht i mein besta Dank

jetzt deane Herrn äll ausrichta!

Vor älle Denga isch Herr Lang

der manchen Streit hot müesse schlichte

von Früh a bis obends nimmermüd

mer ehn stets uff seim Posta sieht.

D' Verantwortung muess er ja traga,

on soll noach älle Mucka schlaga!

Die aber des Werk hen ausgeführet,

die Deckenpfronner Maurermeister,

se hen au viel dabei riskiert,

hens au z'toan ghet mit soviel Geister,

au dene will no danka i,

denn voll Tatkraft und Energie

führet des Werk sie rasch zom Ende,

sen hen auszahlt viel fleißige Hände.

Doch über älle will d'Monteur d

die fleißiche, i net vergessa.

Do g'hairet guta "Stiefel" her,

wenn mer uff's Gschäft ist so versessa,

a guater Schluck drzwischenei,

denn do muess oaner reacht fest sei!

Wie dia hen manchmal neistau muessa

könnt mer da g'sonne Leib ei'buessa!

Doch ist jo glücklich jetzt vorbei

sowohl's Graba, als au 's Rohrlega.

Au der Verkehr ist wieder frei,

vo selber ergießt sich Neptuns Säga,

des Wasser s'ist so frisch on klar.

Jetzt schreckt os nemma Fuiersg'fahr.

Viel hot mer sich einst müessa ploga!

S'ist dankenswert, des muass i saga.

Den Metzger hat des Deng so g'freut,

weil älles ist jetzt so guat g'longa,

daß er a kleine Festlichkeit,

se hen dobei au g'songa,

hot veranstaltet in seim Haus;

do brengt koa Polezei ehn draus.

A Wasserfest muess es doch geba,

er hot koa Wahl, er muess a'heba!

Zur Brandbekämpfung wurden für die Feuerwehr etwa alle 150 m Hydranten an die Wasserleitungen angebaut, und zwar entweder Unterflur- oder Überflurhydranten. Unterflurhydranten kann man an den Hydrantendeckeln auf der Straße oder auf dem Gehweg erkennen.  

Als Hinweis auf einen Hydranten muss entweder an einem Eisen- bzw. Aluminiumpfahl oder an einer Hauswand ein Hydrantenschild befestigt werden.

Unterflurhydranten werden schnell zugeparkt und stehen im Brandfall nicht sofort zur Verfügung. Die Hydrantendeckel müssen vor dem Winter eingefettet werden, damit sie im Ernstfall unproblematisch geöffnet werden können. Wenn Hydranten unsachgemäß bedient werden, können große Wasserverluste entstehen.

Für die Überwachung und Instandhaltung der neuen Wasserleitung wurde im Juni 1908 Karl Härtkorn als Wassermeister angestellt.

Die Wasserversorgung in Gechingen war damit auf lange Sicht sichergestellt, allerdings traten in trockenen Jahren in Gebäuden im oberen Angel Schwierigkeiten auf.

1962 war es für die ersten Bauherren auf dem Angel notwendig, den Wasserdruck in ihren Häusern zusätzlich mit einer Pumpe im Keller erhöhen. Durch anhaltende Trockenheit in den Jahren 1947 bis 1950 hatte sich die Quellschüttung von 3,5 l/sec im Jahr 1906 auf 0,91 l/sec verringert. Die Gemeinde musste etwas unternehmen, um neue Wasserquellen zu erschließen.

1948 wurde im Gebiet „Stöckbrunnen“ ungefähr 200 m oberhalb der alten Quellfassung nach einer zusätzlichen Quelle gesucht, Doktor Stein wurde mit der Wünschelrute fündig. Leider brachte die neue Quelle mit einer Schüttung von ½ sec/l nicht den erwünschten Erfolg.

Durch die Fassung einer anderen Quelle am Ortsausgang Richtung Deufringen und dem Bau eines Pumphäuschens sowie einer kurzen Druckleitung zum nächstliegenden Anschluss konnte das Problem dann doch noch gelöst werden.

Neue Baugebiete, vor allem die Bergwaldsiedlung und Aussiedlerhöfe, machten Erweiterungen der Wasserversorgung notwendig. Dazu wurde in der Kirchhalde ein Wasserturm erstellt, der durch zusätzliche Pumpen gespeist wird. Er versorgt jetzt die höher gelegenen Gebiete unseres Ortes.

Bis 1963 gab die Gemeinde das Wasser kostenlos an die Einwohner ab. Wegen ständig steigender Investitionskosten beschloss der Gemeinderat, Wasseruhren einbauen zu lassen und 30 Pfennig für den Kubikmeter zu verlangen.

In den folgenden Jahren wurde der Ort um die Baugebiete "Gültlinger Straße", "Oben im Gailer" und "Angeläcker" erweitert. Deshalb wurde der Bau eines Hochbehälters in Betracht gezogen, welcher durch die Bebauung des Bergwalds dann unbedingt notwendig wurde. Die Kosten des Hochbehälters betrugen 320.000 DM.

Später traten In der Brühlquelle Verunreinigungen auf, was wiederum umfangreiche Baumaß-nahmen erforderlich machten. Die Zuläufe wurden neu gefasst; darüber hinaus schaffte man eine Querverbindung zur Niederzone der Stöckbrunnenquelle; zusätzlich baute die Gemeinde ein Wasserauffangbecken, um das Trockenlaufen der Pumpen zu vermeiden.

Bis ca. 1980 bestand zum Wasserturm eine Druck- und Fallleitung, die auch die Bergwaldsiedlung versorgte. Danach begann man mit dem Bau einer getrennten Druckleitung zum Wasserturm. Die alte Zuleitung versorgt noch den Bergwald.

Um den steigenden Wasserbedarf zu decken, veranlasste die Gemeinde im Jahr 1980 an vier verschiedenen Stellen Bohrungen nach neuen Quellen, aber entweder wurde man nicht fündig oder das Wasser war ungeeignet.

1984 entstanden beim Wasserturm ein zusätzlicher Wasserbehälter sowie eine Aufbereitungsanlage. Der Wasserbehälter hat ein Volumen von 1.250 Kubikmeter; die Wasserauf-bereitungsanlage hilft das Wasser von evtl. Verunreinigungen zu filtern. Die Gesamtkosten beliefen sich auf ca. 2 Millionen DM.

Durch diese Aufrüstung können nun 1.500 Kubikmeter Wasser in einem Erdbehälter gespeichert werden. Die schon früher vorhandenen Behälter fassen 200 Kubikmeter. Diese Kapazität reicht für ca. 3 Tage.

1988 wurde der 25 Jahre alte Wasserturm renoviert und erhielt einen neuen Außenanstrich.

Alle diese Investitionen in die Wasserversorgung des Ortes machten und machen laufende Erhöhungen des Wasser- und Abwasserbezugspreises notwendig.

Nachdem der Gemeinderat 1989 noch überlegte, sich der Schwarzwaldwasserversorgung mit ca. 2 l/sec anzuschließen,  sprach sich das Gremium im September 1991 dafür aus, auch künftig bei der Wasserversorgung autark zu bleiben.

Dazu wurde in den Jahren 1998/99 der 1906 entstandene Hochbehälter an der Calwer Straße saniert bzw. neu gebaut und das Fassungsvermögen von 120 cbm auf 220 cbm erhöht.

Ein Engpass in der Versorgung trat 1999/2000 auf, als der Sturm Lothar die Stromversorgung lahm legte. Die Feuerwehr pumpte 24 Stunden lang Wasser aus der Aidlinger Quelle, die auf hiesiger Markung liegt, damit den Gechinger Einwohnern genügend Wasser zur Verfügung stand.

Die Wassergüte wird laufend kontrolliert, die Werte liegen weit unter den vorgegebenen Grenzwerten. Dennoch berichtete die Gewässerdirektion Nördlicher Schwarzwald 2004 über die zunehmende Versauerung des Grundwassers in der Region. Aber bis jetzt betrifft dies nur die Buntsandsteingebiete; Gechingen mit seinem Muschelkalkboden blieb bis jetzt verschont.

Kanalisation

In der guten alten Zeit gab es auf dem Lande keine Dachrinnen und Kanäle. Das Regenwasser tropfte von den Dächern, Spülwasser schüttete man auf die Straße und die Notdurft verrichtete man entweder im Stall, in einem Holzhäuschen im Garten oder einfach hinter dem Haus.

Erst ab 1800 wurden an den Straßenrändern im Ort gepflasterte Kandeln angelegt, die Regen- und Spülwasser aufnahmen und mit Gefälle talwärts führten. Später wurden Dachrinnen baurechtlich vorgeschrieben und entwässerten in den Kandel, gleiches geschah mit dem Spülwasser.Die Rinnen endeten in den Kandeln.

Ab ca. 1870 wurden in die Häuser so genannte Plumpsklosetts eingebaut. Sie hatten keine Wasserspülung. Die Fäkalien sammelten sich in einer Grube oder Sandsteinwanne; sie wurden regelmäßig von den Grundstücksbesitzern entleert und  der Inhalt zum Düngen der Felder verwendet.

Lang anhaltende Regenfälle führten Jahrhunderte lang immer wieder zu Überschwemmungen im Ort. Dabei kamen auch Menschen ums Leben. Eine Verbesserung der Abwasserbeseitigung war dringend notwendig

Bereits 1942 meinte der damalige Bürgermeister Schmidt in weiser Vorausschau:

"Es ist nach dem Kriege eine Belebung der Bautätigkeit zu erwarten. Außerdem muss ein Projekt für die Kanalisierung aufgelegt werden, um die dauernden Wasserschäden zu beenden."

Die während des 2. Weltkrieges erstellte Prognose erwies sich als richtig. 10 bis 15 Jahre später gab es auch in Gechingen einen Bauboom. Aber bereits davor waren durch schwere Wolkenbrüche einige Straßen so stark beschädigt, dass Reparaturen sinnlos erschienen. Im September 1945 bekräftigte Bürgermeister Schmidt noch einmal, dass der Ausbau der Kanalisation eine vordringliche Aufgabe der Zukunft sei. In dieser Zeit war es jedoch nicht möglich, umfassende Maßnahmen zu realisieren.

Erst 1951 wurden unter Bürgermeister Otto Weiß die notwendigen Arbeiten wie  Bachregulierung und Kanalisation in Angriff genommen.

In einem ersten Abschnitt korrigierte man den Verlauf der Irm, und zwar von der Wette (Feuersee) bis zum Ortsausgang. Eine offene Führung wurde aus technischen Gründen verworfen. Es erschien zweckmäßiger, die 450 m lange Strecke unterirdisch zu führen. Aus Kostengründen beschloss man den Bau in eigener Regie unter Leitung von Gemeinderat und Wegmeister Eugen Schwarz auszuführen. Die Kanalarbeiten waren im August 1951 soweit abgeschlossen, dass die Straßen mit den Erntewagen wieder befahrbar waren. Zuletzt arbeitete man in zwei Schichten, an manchen Tagen waren bis 60 Mann beschäftigt.

Im Oktober 1951 standen die Maßnahmen kurz vor ihrer Vollendung. Die Baukosten betrugen samt Ausbau des Feuerlöschteiches 111.500 DM. Damit waren die Voraussetzungen für die Verlegung der Kanalisation geschaffen.

Als erstes wurde eine Abwasserleitung vom Gasthaus "Adler" über die Kunzengasse und Metzgergasse in den Bach gelegt, weil auf dieser Strecke die stärksten Beschädigungen durch Wasser auftraten.

1952 wurde bei der Kanalisierung der Dachteler bzw. Dorfäckerstraße erstmalig ein Bagger eingesetzt, um die Arbeiten zu beschleunigen. Als im Jahre 1954 der Kanal sowohl in der Kreuz- als auch in der Gartenstraße fertig verlegt war, hatte man den alten Ortskern mit einem Kostenaufwand von nur etwa 200.000 DM entwässert. – Kein Wunder bei dem damaligen Stundenlohn von 1,20 DM !

Die Einwohner mussten für diese Verbesserungsmaßnahme keinen Pfennig bezahlen, sogar die Rohre für die Hausanschlüsse waren kostenlos. 

Zur gleichen Zeit konnten die Arbeiten am Feuerlöschteich abgeschlossen werden.

Durch die neuen Baugebiete und dadurch steigender Einwohnerzahlen waren die Kanäle überlastet, weshalb 1979 ein Gesamtkanalplan aufgestellt wurde. Dieser sah den Bau von sechs Regenüberlaufbecken (RÜB) und 2 Regenrückhaltebecken (RRB) vor. 

1990 stellte die Gemeinde große Schäden am Kanalsystem fest, deren Beseitigung auf ca. 5 Millionen DM veranschlagt wurde. Auch ein weiterer Ausbau und Modernisierung der Kläranlage waren fällig.

In den Jahre 2001 bis 2003 traten weitere Schäden am Kanalnetz auf. Defekte Kanalrohre konnten durch Anwendung neuer Techniken ohne Verletzung des Straßenbelages von innen saniert werden. Dabei wird PU-Harz in die defekten Hohlräume gepresst und ein Schlauch eingezogen.

Das Kanalnetz in Gechingen hat derzeit eine Länge von ca. 25 Kilometer.

Kläranlage

Durch die Vergrößerung des Ortes musste 1960 eine Kläranlage gebaut werden. Diese wurde im Oxidationsgrabensystem für 220.000 DM erstellt und konnte im Frühjahr 1964 ihren Betrieb aufnehmen. Gebaut wurde sie oberhalb des Mühlkanals, damit das anfallende Wasser wieder der Mühle zur Verfügung stand.

 1979/80 war eine größere Kläranlage notwendig, da die alte Kläranlage durch die ständig wachsende Einwohnerzahl überlastet war. Die alte Kläranlage wird seitdem als Regenüber-laufbecken (RÜB) verwendet.

Regenüberlaufbecken und Rückhaltebecken

In der Eichendorffstraße entstand 1981 ein Regenrückhaltebecken (RRB). Zweck dieser Regenrückhaltebecken ist es, bei Niederschlägen das ankommende Wasser zu sammeln und gedrosselt in das Kanalnetz einzuleiten.

1982 wurde in der Metzgergasse ein Regenüberlaufbecken (RÜB) gebaut. 1984/85 erfolgten die Vergrößerung des Tallängssammlers (das ist der Hauptkanal zur Kläranlage) durch den gesamten Ort und der Bau eines RÜB für die Bergwaldsiedlung. Weitere Becken wurden in der Uhlandstraße und in den Wolfswiesen errichtet.

Wiesenwässerung

 Im Calwer Wochenblatt aus dem Jahr 1849 findet sich folgender Bericht von Pfarrer Heinrich Theodor Klinger über die Wässerung der Wiesen:

 „Wenn wir unsere schönen Täler betrachten, so werden wir feststellen, dass der Ertrag der Wiesen erhöht werden könnte, wenn sie besser behandelt würden, vor allem zweckmäßig bewässert. Ja, wenn uns nur jemand zur Hand ginge!

Ich weiß einen solchen Mann, er ist weit bekannt, es ist der Wiesenbaumeister Hafner von Hohenheim. Ich habe ihn beredet auch zu uns zu kommen und Fragen zu beantworten. Ich ersuche deshalb alle Wiesenbesitzer zu überlegen wo Verbesserungen vorgenommen werden können und dann Herrn Hafner bei seinem Besuch hier bei uns zu fragen.“

Die künstliche Wiesenbewässerung diente sowohl zum Anfeuchten des Bodens als auch der Zuführung von Dünger wie Kalk und Stickstoff.

Die Gräben sind, soweit nachvollziehbar, reine Erdanlagen, hier und da könnte auch Holz verwendet worden sein; nur die Stellfallen bestanden teilweise aus Sandstein oder Beton.

Die heutigen Nachforschungen werden oft durch unwegsames oder eingezäuntes Gelände erschwert, oft sind die Geländeformen nur noch schwach sichtbar.

Das Wässern geschah auf folgende Weise:

Der Bach wurde an den Stellfallen mit großen Schiebern gestaut, dann ein kleiner  Schieber seitlich geöffnet und das Wasser in den Wässerungsgraben geleitet. Dieser Graben hatte an den betreffenden Grundstücken Öffnungen, um das Wasser auf die Wiesen zu leiten. Alle Öffnungen waren mit Brettchen, Hölzern oder Erde zu schließen, außer dem Grundstück, das zum Wässern vorgesehen war.

Nach einer gewissen festgelegten Zeit mussten die Öffnungen auf der Wässerungswiese wieder verschlossen und beim nächsten Grundstück geöffnet werden. Mancher Wiesenbesitzer schlug sich die Nacht um die Ohren, da die Zeiten der jeweiligen Wässerung teilweise nur 2-3 Stunden betrugen. Es entstanden immer wieder Streitigkeiten, weil das Wasser vor der abgelaufenen Zeit umgeleitet wurde, die dann von der Gemeinde geschlichtet werden mussten.

Ca. 1970 wurde das Wässern ganz eingestellt, nachdem bereits 1951 verschiedene Wässerungsgräben und die Stellfalle in der Irmstraße eingeebnet  und abgebaut wurden.

Die Voraussetzungen für die Anlegung derartiger Wässergräben sind heute nicht mehr gegeben. Die Landwirtschaft hat sich grundlegend verändert. Viele Wiesen dienen heute als Viehweiden. Allerdings kann man noch heute an den seitlichen Hängen im unteren Irmtal lang hinziehende Gräben erkennen. Sie dienten bis Ende der 50iger Jahre zum Bewässern der Wiesen. Damals gab es in Gechingen eine Wässerungsgemeinschaft. Genaue Regeln sorgten dafür, dass kein Wiesenbesitzer benachteiligt wurde. Mit Brettern wurde das in die Gräben geleitete Wasser vom betreffenden Grundstücksbesitzer gestaut und in die Wiese abgeleitet. Dabei kam es wie vorher ausgeführt immer wieder zu Verstößen, so dass schon früh Verordnungen mit Strafandrohungen erlassen wurden.

1936 baute die Gemeinde Deufringen kurz vor der Markungsgrenze eine Stellfalle zur Bewässerung ihrer Wiesen.

 Hier ein Dokument über die Wässerung der Wiesen aus dem Jahre 1697:

 „Wann ein ungeteiltes Wasser im Tal lauft und zwei oder mehr wässern wollten, sollen sie schuldig sein, das Wasser miteinander zu teilen und zu wässern.

Wann einer im Winter ein Wasser über die Teilung gehabt und wann die andere Teilung wieder herum kommt, soll derselbige das Wasser mangeln und nicht wässern.

Item: Sollen die Gräben vom Dorfwasser an bis zum Müller 4 Schuh und die Stotzen 3 Schuh von einander sein, von der ersten Teilung bis zur letzten.

Das Mühlwasser soll die Gräben von der ersten Teilung bis zur letzten 4 1/2 Schuh weit auseinander sein.

Badstub und Stahlswiesengräben sollen von der ersten Teilung bis zur letzten 4 Schuh auseinander sein.

Der Graben vom Klingelbrunnen soll von der ersten Teilung bis zur letzten anderthalb Schuh weit sein. Was den Graben anbelangt, so soll im Herbst in den Wiesen, von Michaelis bis Mattheis, jeder das Recht haben, Zollgräben zuzumachen, doch nur halb so breit als der Hauptgraben ist und nach solcher genannten Zeit soll ein jeder wieder einfüllen und nicht mehr Wässern gestattet werden, bei Strafe von 5 Gulden.

Welcher das Teilwasser hat auf Zeit in allen Teilungen, ist dann ein jeder der Gebühr schuldig. Wer nicht zahlt, erstattet 10 Gulden Strafe. Ein jeder hat dafür zu sorgen, dass das Wasser richtig in der Teilung verbleibt  und anzuzeigen, welcher Mann unberechtigt Wasser aus der Teilung zieht. Wenn man einen in Erfahrung bringt, soll er gleicher Strafe verfallen."  

 

Letze Änderung Dienstag, 02 Februar 2021 15:39
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6 März 2023

News

Jun 1, 2023
Kategorie:
Erstellt von: SWVG04

Lesung von Helena Reinhardt aus dem Schwarzwaldkrimi "Sonnwendtod".
Do., 22.06.2023 | 18:00-19:30 Uhr Heimatmuseum Appeleshof